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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 12.11.2003
Aktenzeichen: 6 A 1376/02
Rechtsgebiete: BBesG


Vorschriften:

BBesG § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2
Bei der Berechnung, ob die für den Unterhalt eines aufgenommenen Kindes zur Verfügung stehenden Mittel das Sechsfache des Betrages des Familienzuschlages der Stufe 1 überschreiten, ist der kinderbezogene Teil des Familienzuschlages "brutto" (ohne Abzug gesetzlicher Abgaben) anzusetzen.
Tatbestand:

Die Klägerin ist Beamtin des beklagten Landes. Sie erhielt für einen Zeitraum, in welchem ihr geschiedener Ehemann den Unterhalt für die in ihrem Haushalt lebende Tochter erhöht hatte, im Rahmen ihrer Besoldung nicht mehr den Familienzuschlag der Stufe 1. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, die "Eigenmittelgrenze" sei nicht überschritten gewesen; der hierbei eine Rolle spielende kinderbezogene Teil des Familienzuschlages sei nicht "brutto", sondern um von ihr gezahlte Steuern und sonstige Abgaben bereinigt "netto" anzusetzen. Ihre Klage hatte vor dem VG Erfolg. Auf die vom VG zugelassene Berufung wurde die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen.

Gründe:

Die Klägerin hatte als geschiedene Beamtin, die aus der Ehe nicht zum Unterhalt verpflichtet war, grundsätzlich Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1, weil sie ihre Tochter nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen hatte und ihr aus gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährte (§ 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG). Der Familienzuschlag wurde vor und nach der Zeit, um die es geht, auch gezahlt. In der dazwischen liegenden Zeit waren die Voraussetzungen für die Zahlung des Familienzuschlags jedoch entfallen.

Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG gilt die Anspruchsberechtigung bei gesetzlicher oder sittlicher Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung nicht, wenn für den Unterhalt der aufgenommenen Person Mittel zur Verfügung stehen, die, bei einem Kind einschließlich des gewährten Kindergeldes und des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlages, das Sechsfache des Betrages (des Familienzuschlages) der Stufe 1 übersteigen. Die für den Unterhalt der Tochter der Klägerin zur Verfügung stehenden Mittel überstiegen in der Zeit, um die es geht, das Sechsfache des (monatlichen) Familienzuschlages der Stufe 1. Dieser Betrag belief sich auf 1.136,52 DM (189,42 DM x 6). Für den Unterhalt der Tochter standen demgegenüber monatlich zur Verfügung 749,00 DM Unterhalt durch den geschiedenen Ehemann, 270,00 DM Kindergeld und 162,06 DM als kinderbezogener Teil des Familienzuschlages, insgesamt 1.181,06 DM. Nach diesen - zwischen den Beteiligten nicht streitigen - Zahlen wurde die Grenze des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG geringfügig überschritten (was durch eine ebenfalls geringfügige Minderung der Unterhaltsleistungen des geschiedenen Ehemanns für die Tochter für die Folgezeit korrigiert wurde).

Diese Grenze wäre allerdings auch während der Zeit, um die es geht, nicht überschritten gewesen, wenn der Auffassung der Klägerin zu folgen wäre, bei der Berechnung nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG sei nur der "Nettobetrag" des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlages anzurechnen. In diesem Falle wären nach den Ermittlungen des Landesamtes die für den Unterhalt der Tochter zur Verfügung stehenden Mittel als unter der Grenze von 1.136,52 DM liegend anzusetzen. Diese Berechnung entspricht jedoch nicht dem Gesetz.

Der Klägerin und dem VG ist darin zuzustimmen, dass die "für den Unterhalt der aufgenommenen Person zur Verfügung" stehenden Mittel im Ausgangspunkt die Mittel sind, die für den Unterhalt tatsächlich ausgegeben werden können. In der Verwaltungspraxis werden dementsprechend die Eigeneinnahmen des Unterhaltsberechtigten nur mit dem Nettobetrag angerechnet. Ob dies zwingend ist, mag dahinstehen. Jedenfalls folgt daraus nicht, dass auch der von den Eigeneinnahmen zu unterscheidende (dem unterhaltspflichtigen Beamten gewährte) kinderbezogene Teil des Familienzuschlages nur "netto" zu berücksichtigen ist.

Vgl. Schwegmann/ Summer, Bundesbesoldungsgesetz, Stand April 2003, § 40 BBesG, II/1 Anm. 9.8 Ziff. 4; Fürst, GKÖD, Stand Januar 2002, K § 40 Rdnr. 32; a. A. Clemens/ Millack/ Engelking/ Lantermann/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand März 2002, § 40 BBesG Rdnr. 5.2.

Dafür gibt der Wortlaut der Vorschrift nichts her. Dass das Gesetz lediglich von dem "kinderbezogenen Teil des Familienzuschlages" spricht (ohne Attribute wie "gewährten", "geleisteten" oder "gezahlten") bedeutet im Gegenteil, dass damit der Gesamtbetrag, wie er sich aus den Besoldungsvorschriften ergibt, und nicht der Betrag gemeint ist, der nach Abführung der darauf individuell entfallenden Lohn- bzw. Einkommensteuer oder sonstiger Abgaben verbleibt.

Hierfür gibt es gute Gründe in der Sache. Anderenfalls wäre es nämlich nur schwer bzw. (je nach Berechnung des "Nettobetrages" nach Lohnsteuerabzug oder Einkommensteuerveranlagung) erst mit größerer Zeitverzögerung und mit erheblichem Verwaltungsaufwand feststellbar, ob die Voraussetzungen für den Familienzuschlag der Stufe 1 im jeweils betroffenen Zeitabschnitt vorliegen. Die notwendige Praktikabilität der Gesetzesvorschrift wäre bei dieser Vorgehensweise nicht mehr gewährleistet.

Vgl. Fürst, a. a. O., K § 40 Rdnr. 32.

In diesem Zusammenhang weist der Beklagte zu Recht auf Nr. 40.1.13 des Entwurfs einer Verwaltungsvorschrift zu § 40 BBesG hin; danach stehen (nur) die eigenen Einnahmen des aufgenommenen Kindes "mit dem Nettobetrag (nach Abzug der gesetzlichen Abgaben) zur Verfügung", nicht also die Einnahmen des Beamten selbst, um die es hier geht. Die Nettogröße der Eigeneinnahmen des Kindes lässt sich regelmäßig leichter feststellen; insoweit besteht im Allgemeinen kein Unterschied zum "Bruttobetrag".

Bestätigt wird dies durch eine weitere Überlegung: Bei den Beträgen, die im Rahmen des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG als Mittel, die für den Unterhalt eines aufgenommenen Kindes zur Verfügung stehen, anzusetzen sind, handelt es sich um Rechnungsposten. Diese müssen so bemessen sein, dass der Familienzuschlag der Stufe 1 nach dem, was tatsächlich an Geld für den Unterhalt des aufgenommenen Kindes verbleibt, entbehrlich ist. Dafür, dass der Gesetzgeber dies bei der Höhe auch des Rechnungspostens "kinderbezogener Teil des Familienzuschlages" nicht berücksichtigt hat, liegen keine Anhaltspunkte vor. Wäre der Auffassung des VG zu folgen, läge es nahe, auch die durch "das Sechsfache des Betrages der Stufe 1" in § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG gezogene Grenze als Nettobetrag zu verstehen; dann läge diese sogenannte Eigenmittelgrenze der Vorschrift niedriger. Das wird jedoch nicht ernstlich diskutiert. Die Verwaltungspraxis geht im Gegenteil aus Gründen der Praktikabilität sogar durchgängig von dem höchsten Betrag des Familienzuschlages unabhängig von der Besoldungsgruppe aus. Auch diese Vorgehensweise hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich bestimmt. Gleichwohl ist die Eigenmittelgrenze ohne Zweifel als Bruttogrenze zu verstehen. Das sieht offenbar auch die Klägerin als selbstverständlich an. Für den Rechnungsposten "kinderbezogener Teil des Familienzuschlages" hat folglich nichts anderes zu gelten.

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